Unternehmenssteuerung

1. Was bedeutet „Unternehmenssteuerung“?

Unternehmenssteuerung ist die wesentliche betriebswirtschaftliche Aufgabe, um die Existenz eines Unternehmens nachhaltig abzusichern.

In nahezu allen Unternehmen wird für „Unternehmenssteuerung“ synonym der Begriff „Controlling“ verwendet. Es gibt jedoch kaum einen betriebswirtschaftlichen Begriff, der in mittelständischen Unternehmen so oft falsch verstanden oder missverständlich verwendet wird. Controlling hat wenig mit Kontrolle, aber sehr viel mit Planung und Steuerung zu tun.

Zugrunde liegt das englische Verb to control = steuern, messen, regeln. Aktive Unternehmenssteuerung bedeutet, sich als Unternehmer Ziele zu setzen, wie sich das Unternehmen in der Zukunft entwickeln soll, und Maßnahmen zu erarbeiten, wie die gesetzten Ziele erreicht werden können.

Es geht darum, sich nicht passiv den Marktentwicklungen auszuliefern, sondern aktiv Risiken und Chancen zu gestalten. Alle Ressourcen sollen letztendlich gewinnbringend eingesetzt werden! Das betrifft alle Unternehmer!


2. Warum ist Unternehmenssteuerung vom Gründungstag an wichtig?

Unternehmenssteuerung ist eine wesentliche betriebswirtschaftliche Aufgabe, die völlig unabhängig von der Unternehmensgröße besteht. Ziele zu setzen und Maßnahmen zu erarbeiten, um die gewünschten Ziele zu erreichen, sind die eigentlichen Führungsaufgaben jedes Unternehmers. Die Existenz des Unternehmens zu sichern ist Kernaufgabe der Geschäftsführung!

Voll auf „Risiko“ setzen – das ist im Spiel erlaubt, doch Unternehmer dürfen es nicht. Der Gesetzgeber verlangt nämlich nicht nur von Aktiengesellschaften, dass sie Risiken frühzeitig erkennen und alles tun, um den Erhalt des Unternehmens zu sichern.

Gegen Risiken, die sich aus dem politischen oder finanzwirtschaftlichen Umfeld, einer sich verändernden Marktsituation, der technologischen Entwicklung oder anderen externen Faktoren ergeben können, sollten sich alle Unternehmen absichern – und sie sind sogar gesetzlich zur „Risikofrüherkennung“ verpflichtet.

Insolvenzverschleppung ist kein Kavaliersdelikt! Nur durch ein professionelles Controlling als Bestandteil eines umfassenden Risikomanagements kann die Geschäftsführung die geforderte ständige Überwachung der Zahlungsfähigkeit nachweisen und dem persönlichen Haftungsrisiko begegnen.

Die notwendigen und sinnvollen Controlling-Instrumente und -Systeme sind für Gründer und junge Unternehmer grundsätzlich die gleichen wie für Großunternehmen!


3. Welche Ausgangssituation ist typisch?

  • „Controlling ist nur etwas für große Unternehmen!“
  • „Wir haben in unserem Unternehmen an vielen Stellen und in allen Bereichen Kontrollmechanismen!“
  • „Das erledigt der Steuerberater für uns!“
  • „Wir haben eine Finanzbuchhaltungssoftware, die uns viele gute Auswertungen und Berichte liefert!“

Diese oder ähnliche Aussagen sind immer wieder von Unternehmern zu hören. Sie verlassen sich dann in den meisten Fällen ganz auf die Daten und Informationen aus der Buchhaltung, die oft vom Steuerberater in Form der „Betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA)“ und der „Summen- und Saldenliste (Susa)“ geliefert werden. Dabei handelt es sich jedoch um Vergangenheitsdaten, die nicht mehr geändert und gesteuert werden können! 

Unternehmenssteuerung ist aber zukunftsorientiert. Wie in der Seefahrt geht es darum, den Zielhafen fest zu legen, den Kurs abzustecken, die notwendigen Ressourcen zu bunkern und an Bord zu holen, den Kurs und die Abweichungen vom Kurs ständig im Auge zu behalten, externe und interne Veränderungen (z.B. Windrichtung und Windstärke) zu bewerten, notfalls den Kurs oder sogar den Zielhafen zu ändern!

Als Unternehmer sind Sie persönlich gefordert, die Lage Ihres Unternehmens kontinuierlich zu beobachten und die weitere Entwicklung zeitnah und eigenhändig zu steuern! Geben Sie diese Aufgabe nicht aus der Hand!


4. Was bietet die Buchhaltung (nicht)?

In der monatlichen Finanzbuchhaltung werden schwerpunktmäßig alle umsatz- und lohnsteuerpflichtigen sowie sozialversicherungsrelevanten Vorgänge erfasst. Ziel ist es, sowohl den gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung, als auch an die sach- und termingerechte Steuerzahlung zu genügen. Die Finanzbuchhaltung folgt deshalb grundsätzlich nicht betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern den rechtlichen Erfordernissen für die ordnungsgemäße Rechnungslegung nach Steuerrecht und Handelsrecht.

Insofern sind die Daten aus der Finanzbuchhaltung aus betriebswirtschaftlicher Sicht und für die Unternehmenssteuerung zunächst einmal ohne Aussagekraft und oft unvollständig! Das unmittelbare Ableiten von Schlüssen und Entscheidungen aus dem Buchhaltungsergebnis ist unter Umständen sogar existenzbedrohend.

Nicht selten fehlen in der monatlichen „Betriebswirtschaftlichen Auswertung“ nämlich wesentliche Positionen mit Ergebnisauswirkung, wie z.B. Bestandsveränderungen oder Abschreibungen. Das kann zu großen Fehleinschätzungen der tatsächlichen Lage des Unternehmens führen.
Was die „BWA“ grundsätzlich nicht liefert sind die folgenden, für die betriebswirtschaftliche Unternehmenssteuerung maßgeblichen Informationen:

  • Prognosedaten (zum Gewinn, zur Zahlungsfähigkeit)
  • Bereichsergebnisse (Profitcenter, rentable/unrentable Geschäftsfelder, Renner/Penner im Handel)

Was die „BWA“ aber immer bieten muss, sind verlässliche Basis-Daten für die Unternehmenssteuerung! Daher stellen Sie sicher, dass Ihre BWA wenigstens alle notwenigen Informationen zur Vergangenheitsentwicklung zeitnah, vollständig und richtig ausweist!


5. Welche Controlling-Instrumente sind für Ihre Unternehmenssteuerung sinnvoll?

Sie wollen ausgehend von der bisherigen Entwicklung Ihres Unternehmens nach vorn schauen und steuern! Aus der Menge vorhandener Informationen wollen Sie die richtigen Daten (aussagefähig) zum richtigen Zeitpunkt (zeitnah und rechtzeitig) in der richtigen Form (klar und übersichtlich) gewinnen, die Auskunft geben über die wichtigen Erfolgsfaktoren des Unternehmens oder bevorstehende Krisen.

Erfassen Sie im Schritt 1 die tatsächliche Ausgangslage und IST-Situation Ihres Unternehmens. Stellen Sie die bisher vorliegenden Jahresergebnisse nebeneinander dar und analysieren Sie die bisherige Entwicklung.

Instrument 1: IST-Analyse


Gehen Sie im Schritt 2 hin zur Zukunftsbetrachtung. Setzen Sie auf der Basis der Vergangenheitsentwicklung und Ihrer aktuellen Erkenntnisse über die intern und extern zu erwartenden Veränderungen Ihre Gewinn- und Liquiditätsziele fest und planen Sie die dafür notwendigen Maßnahmen und Auswirkungen auf Erträge und Kosten bzw. Einzahlungen und Auszahlungen im Detail.

Instrument 2: Planung von Rentabilität und Liquidität

Sichern Sie im Schritt 3 die jederzeitige Zahlungsfähigkeit mit einer regelmäßigen und strukturierten Planung und Kontrolle der Einzahlungen und Auszahlungen ab. Durch eine kontinuierlich aktualisierte Liquiditätsvorschau erkennen Sie rechtzeitig, ob es eng wird und wann Sie handeln müssen, um zahlungsfähig zu bleiben!

Instrument 3: Liquiditätsvorschau


Ermöglichen Sie sich durch Schritt 4, die Einführung einer Kostenrechnung, die Analyse der Gewinn- und Verlustbringer im Unternehmen. Nur so können Sie verlustbringende Aktivitäten erkennen und z.B. Sortimentsentscheidungen treffen.

Instrument 4: Profit-Center-Rechnung


Sorgen Sie im Schritt 5 dafür, dass Sie zeitnahe und übersichtliche Informationen zur aktuellen Entwicklung des Unternehmens durch Abweichungsanalysen erhalten. So können Sie rechtzeitig und vorausschauend agieren. Plan-Ist-Abweichungen geben Auskunft über Ihre ursprünglichen Zielsetzungen und die tatsächlichen Entwicklungen.

Instrument 5: Plan-Ist-Abweichungen


6. Mit welchen Reports können Sie Ihr Unternehmen steuern?

Controlling-Instrumente liefern Ihnen immer nur die Informationen, für die sie angelegt und mit Daten gepflegt sind. Insofern sollten Sie vorab klären, über welche Entwicklungen im Unternehmen Sie rechtzeitig und aussagekräftig informiert sein wollen und müssen.

Basis des regelmäßigen Reportings ist die Jahresplanung von Rentabilität und Liquidität.

Monatlich, oder mindestens quartalsweise, sollten Sie darüber hinaus die folgenden Berichte erarbeiten (lassen) und persönlich analysieren:

  • Einen Überblick über die monatliche Ist-Entwicklung des laufenden Geschäftsjahres,
  • einen Überblick über die kumulierten Abweichungen zwischen Ist und Plan des laufenden Geschäftsjahres,
  • eine Rentabilitätsvorschau mit der bisherigen Ist-Entwicklung und aktualisierten Rentabilitätsplanung,
  • und eine Liquiditätsvorschau mit aktualisierter Liquiditätsplanung auf Basis des letzten Stands der betrieblichen Konten.

7. Welche Maßnahmen lassen sich aus Controlling-Berichten ableiten?

Controlling-Reports sind ohne Wert, wenn Sie nicht regelmäßig damit arbeiten. Mindestens einmal im Monat sollten Sie dieser wichtigen Management-Aufgabe Raum und Zeit geben.
„Kennzahlen“ haben dabei einen ganz besonderen Stellenwert. Wie das Cockpit in einem Flugzeug – so funktionieren auch betriebswirtschaftliche Kennzahlensysteme. Ähnlich wie der Pilot die Instrumente, so überprüfen auch Management und Geschäftsführung eines Unternehmens eine Reihe von Unternehmenskennzahlen, um verdichtete Informationen über den Zustand ihres Unternehmens zu erhalten. Wenn ein steuernder Eingriff nötig ist - z.B. weil ein Ziel nicht in der erwarteten Zeit erreichbar ist, sich eine Produktentwicklung verzögert oder weil sich die Situation am Markt verändert hat – dann kann der Kurs rechtzeitig korrigiert werden. Wichtig ist dabei, verschiedene Kennzahlen zusammen zu führen, die u.U. gegenseitig abhängig sind oder sich ergänzen. Nur wenn Kennzahlen über die Ergebnisentwicklung mit Kennzahlen zur Liquidität und ihrer zukünftigen Entwicklung zusammen geführt werden, lässt sich z.B. eine drohende Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig erkennen.
Häufig ergeben sich aus Abweichungsanalysen zum Plan bereits tiefer gehende Fragen, Recherchen und Hinweise auf notwendige Maßnahmen!

Beispiele:
Umsatzsteigerung:
Ein Umsatzplus ist zunächst positiv zu sehen, kann aber auch bedeuten, dass bereits Umsätze verbucht wurden, die eigentlich für spätere Monate des laufenden Geschäftsjahres geplant waren und insofern später fehlen werden!

Personalkosteneinsparungen:
Eine negative Abweichung zum Plan ist eine positive Entwicklung, es sei denn dahinter verbergen sich Personalprobleme (Kündigung eines wichtigen Mitarbeiters, Schwierigkeiten, das passende Personal zu gewinnen).

Kfz- und Reisekosteneinsparungen:
Eine negative Abweichung zum Plan ist eine positive Entwicklung, es sei denn geringere Reisekosten beruhen auf einer vernachlässigten Vertriebsarbeit, die sich zukünftig in einer schwächeren Auftragslage negativ bemerkbar machen wird.

Werbekostensteigerung:
Ein Kostenplus ist zunächst negativ zu sehen, kann aber auch bedeuten, dass es sich um eine wichtige werbliche Aktion handelt, die zwar nicht geplant war, aber den Kontakt zu potentiellen neuen Kunden hergestellt hat!

Liquiditätsvorschau:
Auch eine regelmäßige Liquiditätsvorschau weist rechtzeitig auf notwendige Maßnahmen hin: Im Fall einer zu erwartenden Liquiditätsenge können z.B. mögliche Maßnahmen bei den Sachverhalten jeder einzelnen Zeile eines Liquiditätsreports ansetzen:

  • Sie könnten die Einzahlungen aus Umsätzen steigern, indem Sie Forderungen eintreiben oder Anzahlungen vertraglich vereinbaren.
  • Sie könnten Privateinlagen tätigen.
  • Sie könnten kurzfristig ein Darlehen aufnehmen.
  • Sie könnten das eingekaufte Material später zahlen und damit Lieferantenkredite in Anspruch nehmen.
  • Sie könnten auf Privatentnahmen verzichten.
  • Sie könnten eine geplante Investition vertagen oder fremd finanzieren.
  • Sie könnten eine Ausweitung des Dispositionsrahmens beantragen.
  • Sie könnten Factoring prüfen.
  • Sie könnten Leasing prüfen.

Alle Recherchen und Maßnahmen erfordern jedoch eine Vorlaufzeit und sind nicht von einem Monat auf den anderen umzusetzen! Aktualisieren Sie Ihre Berichte daher monatlich und nicht erst, wenn größere Aktivitäten und Ausgaben geplant sind oder es bereits spürbar eng wird! Lassen Sie es gar nicht erst soweit kommen, dass eine Krise oder Turbulenzen Sie zum Reagieren und Gegensteuern zwingen!

  • Unternehmenssteuerung ist Chefsache!
  • Delegieren Sie höchstens die Aufbereitung des Reportings an Mitarbeiter!Analysieren Sie die Inhalte des Reportings grundsätzlich selbst!
  • Verlassen Sie sich nicht auf die Finanzbuchhaltung oder Ihren Steuerberater!
  • Glauben Sie nicht, dass Sie auf Dauer „alles im Kopf haben“ oder „aus dem Bauch heraus steuern können“!
  • Vernachlässigen Sie das Controlling nicht, wenn es gut läuft! Probleme kündigen sich oft unterschwellig an und müssen rechtzeitig erkannt werden!
  • Controlling-Reports sind ohne Wert, wenn Sie nicht regelmäßig und kontinuierlich damit arbeiten. Mindestens einmal im Monat sollten Sie dieser wichtigen Management-Aufgabe Raum und Zeit geben.
  • Warten Sie nicht erst auf den nächsten Jahresabschluss! Der kommt oft mit 1½ Jahren Verspätung.
  • Vernachlässigen Sie die Themen Steuern und Privatentnahmen nicht! Oft scheitern Unternehmer an zu hohen Privatentnahmen oder fehlenden Rückstellungen für nachträgliche Steuerzahlungen!
  • Setzen Sie notwendige Maßnahmen sofort um, damit latente Schwachstellen gar nicht erst zu akuten Schwierigkeiten führen!